Das Schützenwesen in Deutschland
Seit 2015 im bundesweiten Verzeichnis für das Immaterielle Kulturerbe
Die Ursprünge des bayerischen Schützenwesens liegen im Mittelalter durch Aufstellung eines Landaufgebotes aus Bürgern und Bauern. Um Bayern vor „mutwilligem Einzug und Beschedigungen“ zu verteidigen, wurden Anfang des 16. Jahrhunderts Bürger und Bauern gemustert und zu Wehrmannschaften aufgestellt. Der Wehr- und Verteidigungscharakter stand somit im Vordergrund. Anfang des 17. Jahrhunderts erneuerte Herzog Maximilian die sogenannte Landesdefension, wobei die entstandenen „Landfahnen“ ebenfalls die Aufgabe hatten, die Heimat zu schützen. Teilweise waren Landesdefensionen auch eigenständig aktiv. So erhob sich die bayerische Landesdefension 1705/06 in einem blutig niedergeschlagenen Aufstand – der Bayerischen Volkserhebung – gegen die habsburgische Besatzungsmacht.
Auch heute noch symbolisieren Schützen die Bereitschaft „zur Verteidigung der Güter der Volkskultur“, wenngleich mehr im übertragenen Sinne. Ein Schützenverein und ein Schützenfest mit Gottesdienst und Umzug gehören – wie das Wirtshaus – in nahezu jedes bayerische Dorf. Das Schützenwesen ist vielerorts ein wichtiger, historisch gewachsener und lebendiger Teil der regionalen wie lokalen Identität. Es umfasst eine große Anzahl von Bräuchen und Traditionen, die in ganz Deutschland in zahlreichen unterschiedlichen Erscheinungsformen verbreitet sind.
Das Schützenwesen in Deutschland wurde 2015 von der Deutschen UNESCO-Kommision in das bundesweite Verzeichnis für das Immaterielle Kulturerbe aufgenommen.
Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. Es würdigt kreative und inklusive immaterielle Kulturformen und deren reichen Schatz an Erfahrungswissen. Immaterielles Kulturerbe wird durch das Engagement seiner Trägergemeinschaften lebendig gehalten, weitergegeben und weiterentwickelt. Träger Immateriellen Kulturerbes wenden ihr Wissen und Können praktisch an und geben es von Generation zu Generation weiter.
Das Schützenwesen in Deutschland reicht von den stark christlich geprägten Bruderschaften im rheinischen-westfälischen Bereich über weltliche, zum Teil streng traditionell gelebte Bräuche im östlichen Deutschland und die eher bürgerlich-republikanisch veranlagten Gepflogenheiten der Vereine in den früheren Freien Reichs- und Hansestädten bis hin zu den folkloristisch-fröhlichen Traditionen der süddeutschen Schützengesellschaften.
Die Königswürde ist eine große Ehre
Das Schützenwesen hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder auf Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen reagiert und sich enorm ausdifferenziert.
Der alte Brauch wird heute in der Regel im Rahmen einer Vereinszugehörigkeit von Menschen jeden Alters und Geschlechts unabhängig von religiösem Bekenntnis, Herkunft oder auch Behinderung ausgeübt. Es gibt vielfältige Maßnahmen zur Weitergabe der Tradition, unterschiedliche Formen der Jugendarbeit und eine aktive Pflege nationaler und internationaler Verbindungen.
Bekanntester und wesentlicher Ausdruck des Schützenwesens ist das Schützenfest, das mit vielfältigen örtlich unterschiedlichen Bräuchen gefeiert wird. Im Zentrum steht oftmals der durch das Königsschießen ermittelte Schützenkönig mit seiner Schützenliesl. Als sichtbares Zeichen der Königswürde, trägt der Schützenkönig eine Königskette. Bei Umzügen und Paraden begleiten uniformierten Schützen die Majestäten. Die Schützinnen und Schützen eines Vereins oder einer Bruderschaft treten in einheitlicher Schützentracht auf, tragen ihre Schützenorden und -abzeichen und verfügen über eine Fahne – um die sich wiederum diverse Bräuche gruppieren. Jedes Schützenfest hat lokal hergebrachte Rituale und Bräuche und unterschiedliche Abläufe.
Auch die dabei genutzten Utensilien unterscheiden sich lokal und regional. Über dieses Ereignis im Jahr hinaus prägen gerade in kleineren Orten die ortsbezogenen Bräuche der Schützenvereinigungen das soziale und kulturelle Gemeinschaftsleben, so dass die Schützentradition das ganze Jahr wahrnehmbar ist und gelebt wird.